Harmonie um jeden Preis, oder?

 

Hand auf's Herz: Würden Sie sich als "harmonisch" oder gar "harmoniebedürftig" bezeichnen? Was denken Sie zum Thema Harmonie? Viele Menschen (oder vielleicht sogar die Meisten?) haben ein Bedürfnis nach Harmonie. Was also bedeutet  Harmonie? Und sind Konflikte Harmoniekiller? 

 

Erfahrungen

In Führungsseminaren, Workshops und Teamentwicklungen ergeben sich immer wieder Diskussionen zum Thema "Harmonie". Viele Menschen wünschen sich eine harmonische Umgebung, harmonische Mitmenschen, harmonische Situationen, ein harmonisches Leben. Viele Menschen erleben jedoch ihren Alltag alles andere als harmonisch; egal, ob beruflich oder privat.  Natürlich führt das auch zu Unzufriedenheit. Weil aber chronische Unzufriedenheit ungesund ist, sollte man etwas für die Zufriedenheit tun. Wir finden also, es ist an der Zeit, sich auch mit dem Thema "Harmonie" auseinanderzusetzen, weil es so viele Menschen umtreibt und beschäftigt. Wer sich vertiefter mit dem Thema auseinandersetzt, entdeckt  einige spannende Facetten, die sich auch gut für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit nutzen lassen. Ganz egal ob im privaten oder beruflichen Umfeld.

 

 

Harmoniestreben ist ein Talent!

Einige Führungskräfte kennen das Modell der Führungstalente, den Strengthfinder von Gallup. Im IPLS Institut für Positive Leadership Schweiz nutzen wir dieses Instrument oft in Führungsseminaren oder Führungsschulungen. Der Gallup Strengthfinder definiert 34 Führungstalente, die mit einem online-Test erhoben werden können. Eines dieser Führungstalente ist Harmoniestreben. Wer dieses Talent nutzt, schafft häufig freundliche und wohlwollende Arbeitsumgebungen. Menschen mit diesem Talent sind sogar davon überzeugt, dass Konflikte nirgendwohin führen und versuchen deshalb, Konflikte möglichst zu reduzieren oder zu vermeiden.  Sie haben ein Flair dafür, Gemeinsamkeiten zu finden und von Meinungsverschiedenheiten abzusehen. Konflikte können aus ihrer Sicht sogar eine Zeitverschwendung darstellen. Für Menschen mit einem ausgeprägten Talent im Bereich Harmoniestreben ist klar, dass wir alle im gleichen Boot sitzen und dass wir ohne dieses Boot nicht ans Ziel kommen. Und es gibt auch keinen Grund, das Boot ins Wanken zu bringen, nur um zu beweisen, dass das überhaupt möglich ist. Menschen mit diesem Talent können aber auch vermitteln und als Mediator/-in oder Schlichter/-in agieren. Sie können sich auch im Sinne der Sache zurückhalten und müssen  eigene Ideen nicht um jeden Preis durchboxen (nach: Entdecken Sie Ihre Stärken jetzt!, Campus Verlag)

 

Im Grunde genommen ist auch das eine wunderbare Eigenschaft, finden Sie nicht? Was würden Sie von sich sagen? Haben Sie auch das Talent "Harmoniestreben"? Oder kennen Sie Menschen mit diesem Talent?

 

Wie immer hat aber jede Medaille zwei Seiten. Und ohne diese durchaus positive Eigenschaft abzuwerten, wollen wir uns diesmal auch der anderen Seite widmen. Sie werden sehen, wie viel Potenzial in dieser "zweiseitigen Betrachtung" liegen kann.

 

 

 

Die zwei Seiten der Medaille.

Dass jede Medaille zwei Seiten hat, das haben Sie wohl schon oft gehört. Doch was genau ist damit eigentlich gemeint? Das Sprichwort stammt ursprünglich aus dem Niederländischen und wurde dann tatsächlich nur auf Medaillen im Sinne von Münzen angewendet. Das Prinzip an sich ist aber schon uralt und hatte immer schon Gültigkeit. Denken Sie beispielsweise an Yin und Yang aus der chinesischen Philosophie. Was hat das nun aber mit  Harmonie zu tun, werden sie sich wohl fragen. Wir haben uns auf die Suche gemacht und sind an verschiedenen Orten fündig geworden. Einige ganz spannende Erkenntnisse – wie wir finden – möchten wir Ihnen hier präsentieren.

  

 

Harmonie aus der Sicht der griechischen Mythologie 

Haben Sie gewusst, dass bereits die alten Griechen die Göttin der Harmonie kannten? Sie hiess Harmonia (das Äquivalent bei den Römern wäre die Concordia). Es ist wohl nicht weiter erstaunlich, dass Harmonia's Mutter die Göttin Aphrodite war. Aphrodite war die Liebesgöttin und stand daher für alles liebevolle, das Schöne und Sinnlich und die Liebe selbst. Kurz: Aphrodite war zuständige für das Angenehme. Das ist aber eben erst die eine Seite der Medaille. Können Sie sich vorstellen, wer Har,monia's  Vater war? Viele Menschen staunen, wenn sie das hören: Harmonias Vater war Ares, der Kriegsgott. Der Kriegsgott steht symbolisch betrachtet vor allem für Aggression und Konflikte aber eben auch für eine mutige Handlungsenergie, die Konflikte nicht vermeidet. Aus dieser Perspektive betrachtet braucht Harmonie eben beide Seiten dieser Medaille: die Liebe, das Liebevolle, Verständnisvolle (Aphrodite) und das Mutige, Konfliktsuchende (Ares). Spannend, oder?

 

Würde man das in eine heutige Sprache übersetzen, könnte man daraus schliessen, dass echte Harmonie eben nur dann entstehen kann, wenn es gelingt, beide Aspekte zu leben und zu vereinen. Also beispielsweise mutig für die eigenen Bedürfnisse einzustehen und gleichzeitig den anderen Menschen auf Augenhöhe, mit  Respekt und wertschätzend zu begegnen.

 

Fragen, die Sie sich als Führungskraft in diesem Zusammenhang stellen könnten sind beispielsweise:

 

  • Kann ich meine Bedürfnisse, Anliegen und Ideen formulieren und mich einbringen? Traue ich mich, oder ziehe ich mich "der Harmonie zu Liebe" mit meinen Bedürfnissen und Wünschen zurück?
  • Was genau hindert mich möglicherweise daran, meine Wünsche, Ideen und Bedürfnisse einzubringen? Wovor habe ich eventuell Angst?
  • Erkenne ich Konflikte auch als Chance? Als Chance, einen harmonischen Zustand zu finden?
  • Wie fühle ich mich in Konflikten? Neige ich dazu, diesen aus dem Weg zu gehen? Wende ich mich von Konfliktpartner/-innen ab und ziehe dann letztendlich dabei "den Kürzeren"?
  • Erkenne ich, dass Konflikte auch eine Notwendigkeit darstellen, damit am Ende Harmonie („Harmonia") entstehen kann?

 

 

Wir alle brauchen Gleichgewicht!

Auch modernere, wissenschaftliche Ansätze widmen sich diesem Thema. Im Leben wünschen wir uns doch so oft ein Gleichgewicht. Wir bezeichnen das dann beispielsweise als Ausgeglichenheit. Was aber bedeutet Gleichgewicht? In vielen wissenschaftlichen Disziplinen hat sich der Begriff der Homöostase etabliert. Damit ist ein dynamisches Fliessgleichgewicht gemeint.Lassen Sie uns das an einem Beispiel erläutern. Wenn Sie im Winter frieren, beginnt Ihr Körper zu zittern. Das ist eine Massnahme des Körpers, um die Körpertemperatur wieder auszugleichen. Dabei handelt es sich um einen dynamischen Prozess. Und nur durch diese Dynamik ist ein Ausgleich wieder möglich. Wenn der Körper wieder warm genug hat, wird das Zittern aufhören.

 

Alles ist in Bewegung. Alles pendelt auf einen Gleichgewichtszustand hin, ist aber niemals statisch ganz exakt im Gleichgewicht. Ein System, das nicht mehr um diesen Gleichgewichtspunkt herum pendelt, ist tot. Das gilt für einzelne Zellen genau gleich wie für den ganzen Körper, für Pflanzen und die Natur ebenso wie für Ihr Unternehmen, Ihre Organisation oder Ihre Teams. Auch Teams sind in Bewegung. Wenn sie harmonisch bleiben sollen brauchen sie Bewegung. Ganz im Sinne der Homöostase. Aphrodite und Ares. Konflikte, die wirklich bearbeitet und nicht unterdrückt werden, bieten genau diese Chance. Sie bieten die Chance, um das Gleichgewicht herum zu pendeln, was zu einem harmonischen Empfinden führen kann. Aus unserer Sicht ist dieses dynamische Gleichgewicht eine der wesentlichsten Aspekte und Punkte in der persönlichen Entwicklung und im Führen von Menschen, Teams und Organisationen. Weil es für unseren Führungs- und Entwicklungsansatz so wichtig ist, ist das dynamische Fliessgleichgewicht auch der Kern unseres Modells, mit dem wir in der Praxis häufig arbeiten, geworden: der IPLS-Kompass. Eine Zusammenfassung dieses Modells gibt es übrigens auch als E-Book (PDF), dass sie ganz einfach kostenlos bestellen können. --> Hier finden Sie das Bestellformular. 

 

 

Ist Harmoniestreben also nun ein Stärke?

Ja! Harmoniestreben ist aus unserer Sicht tatsächlich ein Talent, aus dem ganz viele Stärken entwickelt werden können. Wer von sich sagt, er/sie habe dieses Talent bzw. er/sie zeige diese Stärken, darf zu Recht stolz darauf sein. Wir raten aber immer dazu, auch die Kehrseite der Medaille nicht zu vergessen. Wer die Harmonie nur aus der "Sicht der Aphrodite" lebt, geht das Risiko ein, seine eigenen Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren; vermeintlich, um die Harmonie aufrechtzuerhalten. Wir laden Sie deshalb ein, immer auch den Gegenpol (Ares) mit zu berücksichtigen. Seien Sie mutig, geben Sie Ihren Bedürfnissen auch Gewicht und Bedeutsamkeit. Und vielleicht fällt Ihnen das leichter, wenn Sie wissen, dass es keine absolute Harmonie gibt. Sondern bestenfalls ein dynamisches Pendeln um diese Idealvorstellung herum.

 

Wir wünschen Ihnen dabei ganz viel Erfolg!

 

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